USA: Kein Schuldner wie jeder andere
08.08.2023 | Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA durch eine der führenden Ratingagenturen ist mit Blick auf den hohen Schuldenstand der größten Ökonomie der Welt ein Warnzeichen. Die Auswirkungen auf den Kapitalmarkt sind jedoch bislang überschaubar und dürften es auch bleiben.
Das Wichtigste für Sie in Kürze
- Ratingagentur Fitch entzieht USA die Bestnote
- Renditeanstieg bei langlaufenden Staatsanleihen
- Herabstufung wirft Schlaglicht auf steigende Verschuldung
- US-Finanzierungskosten dürften deswegen aber nicht teurer werden
Die Nachricht kam überraschend: Die Ratingagentur Fitch hat den USA die Bestnote AAA entzogen. Der in absoluten Zahlen gemessene größte Schuldner der Welt hat nun ein Rating von AA+ und damit nicht mehr die „höchste Kreditqualität“.
USA verlieren beste Bonitätsnote bei der Ratingagentur Fitch
Ratingeinschätzung der G7-Länder im Vergleich

Die kleinste der drei großen Ratingagenturen begründete den Schritt mit einer „Erosion der politischen Steuerungsfähigkeit“, die sich „in wiederholten politischen Streitereien um die Anhebung der Schuldenobergrenze und Kompromissfindung in letzter Minute“ äußerte. Zudem verwies Fitch auf die Verschlechterung der Haushaltslage in den nächsten drei Jahren und die hohe Staatsverschuldung.
Der Streit um die Erhöhung der US-Schuldengrenze und die damit drohende Gefahr eines Zahlungsausfalls der USA konnte im Mai in letzter Minute abgewandt werden. Fitch hatte damals zum ersten Mal die Möglichkeit einer Herabstufung angedeutet.
Die US-Regierung reagierte verschnupft auf die Nachricht – Finanzministerin Janet Yellen sprach von einer veralteten Datengrundlage und Willkür, schließlich zeige sich die Konjunktur robust und die Schuldenobergrenze sei letztlich angehoben worden.
Reaktion der Kapitalmärkte
Während die Aktienmärkte nach der Verkündung der Herabstufung abgaben, reagierten die Rentenmärkte unmittelbar danach nur wenig. Der Dollar-Index, der die Entwicklung des Greenback gegenüber einem Bündel an Industrieländer-Währungen wiederspiegelt, gab zwischenzeitlich nach, erholte sich dann aber schnell wieder.
In den Tagen nach der Herabstufung sind vor allem die Renditen von US-Staatsanleihen mit langer Laufzeit kräftig gestiegen: Am 3. August 2023 sind die Renditen der Treasuries mit zehnjähriger Laufzeit erstmalig in diesem Jahr über 4,1 Prozent, und die der 30-jährigen Staatsanleihen auf beinahe 4,3 Prozent geklettert, ein Anstieg um 18 Basispunkte.
Auf den ersten Blick erinnert das Bild ein klein wenig an das Jahr 2011: Damals entzog Standard & Poor´s als erste der drei großen Ratingagenturen den USA die Bestnote. Es folgte ein handfester Abverkauf an den Aktienbörsen und der Goldpreis stieg binnen weniger Wochen um 20 Prozent. Auf mittlere und lange Sicht hatte die Herabstufung aber wenig Auswirkungen auf den Kapitalmarkt. Bis Ende 2011 kletterten die US-Aktienkurse, die Anleiherenditen fielen – unter anderem, weil damals die US-Wirtschaft Stärke zeigte und im Euroraum die Schulden- und Eurokrise herrschte. US-Anleihen waren als sicherer Hafen gefragt.
Renditeanstieg kann viele Gründe haben
Ob aktuell tatsächlich die Herabstufung Grund für den Abverkauf der langlaufenden US-Treasuries ist oder ob mehrere andere Faktoren die Bewegung befeuern, da sind sich die Marktbeteiligten uneins.
Während die einen die Herabstufung als Grund nennen, führen andere als Begründung für den Renditeanstieg die Kombination zwischen überraschend starken US-Arbeitsmarktdaten sowie einer Meldung des US-Finanzministeriums an. Dieses stellte am 2. August seinen vierteljährlichen Emissionsplan vor und gab außerdem bekannt, in diesem Quartal 274 Milliarden US-Dollar mehr Schulden aufnehmen zu müssen als ursprünglich geplant. Für diese These spricht, dass die Risikoaufschläge der 30-jährigen Anleihen bereits vor der Bekanntgabe des Fitch-Downgrades zugelegt hatten. Hinzu kommt: Auch die Ankündigung der Bank of Japan vor einigen Tagen, den Beginn des Ausstiegs aus der ultra-expansiven Geldpolitik einzuläuten, wird als Grund für den Renditeanstieg gesehen: Japanische Investoren könnten ausländische Anleihen verkaufen, um in heimische Bonds zu investieren.
Achtung: Steigender Schuldenstand
Was auch immer dem Renditeanstieg zugrunde liegt – die Herabstufung durch Fitch wirft ein Schlaglicht auf das Hauptproblem des größten Schuldners der Erde: den steigenden Schuldenstand. Nach Einschätzung der Analysten von Union Investment entwickelt sich die Fiskalsituation in die falsche Richtung. Das Defizit belief sich in den ersten neun Monaten des aktuellen Fiskaljahres auf 1,39 Billionen US-Dollar. Im entsprechenden Vorjahreszeitraum waren es 0,52 Billionen US-Dollar. Im laufenden Quartal will das Finanzministerium Anleihen im Volumen von einer Billion US-Dollar begeben.
USA verlieren beste Bonitätsnote bei der Ratingagentur Fitch
Ursache ist auch die hohe Staatsverschuldung

Die US-Regierung geht zwar davon aus, dass durch das Wachstumsprogramm „Inflation Reduction Act“ die Konjunktur angekurbelt wird und es zu höheren Steuereinnahmen kommt – doch zunächst steigt die Staatsverschuldung weiter, derzeit beläuft sie sich auf etwa 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zum Vergleich: In Deutschland beträgt die Staatsverschuldung 70 Prozent des BIP. Deshalb hat Deutschland neben Australien, Singapur und der Schweiz auch noch das bestmögliche Bonitätsranking von allen drei großen Ratingagenturen.
Besondere Rolle wirkt bonitätsstärkend
Schaut man nur auf die fundamentalen Daten der USA – wie Schuldenstand, Haushaltsdefizit, Leistungsbilanz – dann müssten die Vereinigten Staaten eigentlich noch niedriger als AA+ eingestuft werden.
Die großen Ratingagenturen berücksichtigen bei ihrer Bewertung der Bonität aber auch die besondere Rolle der USA. Neben ökonomischen Daten spielen weitere Parameter in das Rating mit ein: Dass es sich um die größte Volkswirtschaft der Welt handelt, dass der US-Dollar die globale Leitwährung ist, US-Anleihen als sicherster Hafen gelten und dass das Land über den größten und liquidesten Kapitalmarkt der Welt verfügt.
Der Kapitalmarkt weiß unter anderem aufgrund der Erfahrung aus dem Jahr 2011: Durch die Herabstufung ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Finanzierungskosten der Vereinigten Staaten nennenswert verteuern, nicht gestiegen. Große institutionelle Investoren wie Pensionsfonds und Lebensversicherungen haben nur wenige Alternativen zu US-Staatsanleihen. Und auch die Wahrscheinlichkeit eines Kreditausfalls des größten Schuldners der Welt ist nicht gestiegen.
Stand aller Informationen, Erläuterungen und Darstellungen: 03. August 2023, soweit nicht anders angegeben.
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