
Auf dem Weg zu einer verbesserten Immobilienrisikomessung für Fremdfonds
Gemischte Portfolios aus Immobilienfonds von Union Investment und Drittanbietern stellen in der Risikomessung eine Herausforderung dar. Union Investment entwickelt die Abbildung von Immobilienfonds im Risikomodell weiter und unterstützt damit institutionelle Anleger.

Ein Beitrag von Claus Wagner, Direktor Beratung, Regulatorik und Support (BRS) für Institutionelle Kunden GenoBanken und Mittelstand
Bei institutionellen Anlegern wuchs in den vergangenen Jahren das Interesse an Immobilienfonds fremder Anbieter, gerade in besonderen Anlagethemen, die Union Investment nicht originär in dieser Vielfalt über eigene Fondsprodukte abdeckt. Doch die Aufsicht sieht in der Quote nicht durchgeschauter Fremdfonds innerhalb von Wertpapierspezialfonds eine potenzielle Quelle der Risikounterschätzung. Diese Erkenntnis bestätigte sich zuletzt erneut für Union Investment und die Union Service-Gesellschaft (USG) beim Projekt 44er-Prüfung.
Ausgewähltes Universum
Aus diesem Grund hat Union Investment bereits seit 2017 mit wichtigen ausgewählten Fremdfonds ein neues Risikomodell für das Immobilienreporting entwickelt. Bevor das Modell entwickelt werden konnte, sahen sich die Initiatoren mit mehreren Herausforderungen der Fremdfondsdurchschau konfrontiert.
So ist es aufgrund der zahlenmäßigen Vielfalt unmöglich, alle zum Vertrieb in Deutschland zugelassenen Fremd(immobilien)fonds zu durchschauen. Darum ist es notwendig, sich auf die wesentlichen Bestände in den Spezialfondsmandaten von Union Investment und in den Eigenanlagen der Banken zu beschränken.
Bei (Immobilien-)Fonds von Union Investment liegen nahezu alle Teile der Wertschöpfungskette in hauseigenen Systemen, sodass eine Schnittstelle zum Risikosystem ALGO oder ImmoRisk bereits den Datenhunger stillen kann. Bei Fremdfonds liegen diese Daten dagegen nicht vor. Insbesondere bei Fremdimmobilienfonds kann die Tiefe der Informationen nicht vollkommen deckungsgleich sein. Insofern muss die Risikomessung in diesem Fall mit einem eingeschränkten verfügbaren Datensatz eine konsistente Risikorechnung nach der Methodik von Union Investment gewährleisten.
Die Daten können nicht einfach aus der Fondsbuchhaltung, der Immobilienbewirtschaftung oder anderen Systemen entnommen werden. Das bedeutet, sie müssen beschafft, verarbeitet und dem System „künstlich“ bekannt gemacht werden. Daher besteht die Herausforderung darin, Durchschaudaten von den präferierten Anbietern in einem einheitlichen definierten Standard auf Instrumenten-/Objektebene zu bekommen. Diese müssen dann in die Risikosysteme eingespielt werden, um die Risiken nach den Verfahren von Union Investment zusammen mit den übrigen Instrumenten des Spezialfonds zu berechnen.
Juristische und aufsichtliche Aspekte
Neben der technischen Umsetzung zur Risikomessung müssen auch juristische und aufsichtliche Aspekte berücksichtigt werden. So ist die Qualität der mittels Fremdfondsdurchschau ermittelten Risikokennzahlen von der Frequenz und der Eingangsqualität der Fremdfondsdaten abhängig. Nur die Informationen, die von den Fremdfondsgesellschaften zur Verfügung gestellt werden, können weiterverarbeitet werden mit der Komplikation, dass alle Kapitalanlagegesellschaften Compliance-Vorschriften der Wertpapieraufsicht zu beachten haben. Insbesondere bei Publikumsfondsanteilen setzt eine Datenübermittlung an einen Anleger eine Bereitstellung an alle Anleger voraus. Während hauseigene Zielfonds intern täglich für die Risikomessung durch das eigene Risikocontrolling durchschaut werden können, stellen die Fremdfondsanbieter ihre Informationen in der Regel verzögert und in einer bestimmten Frequenz, etwa vierteljährlich, zur Verfügung. Union Investment hat praktisch keine tiefgreifende Möglichkeit, die Richtigkeit der extern zugelieferten Daten auf Stimmigkeit oder Vollständigkeit zu überprüfen.
Deshalb ist es notwendig, eine spezialfondsindividuelle Ergänzungsvereinbarung zum Investmentvertrag zu schließen, die dem Anleger die Transparenz gibt, dass die Qualitäts- und Leistungsniveaus in direkter Abhängigkeit der externen Lieferung stehen. Aufgrund des hohen gesonderten Aufwands, der durch die Fremdfondsdurchschau entsteht, liegt es nahe, dass diese Leistung den Anlegern, die die Durchschau wünschen, gesondert pro durchgeschautem Fremdfonds in Rechnung gestellt wird.
Das aufsichtliche Meldewesen kann dabei leider nicht „miterledigt“ werden, da für diese Anforderung andere besonders aufgearbeitete Durchschaudaten und Schnittstellen zu anderen Systemen erforderlich sind. Vom IT-Umfang her bedingt dies ein zusätzliches neues Projekt mit entsprechenden Ressourcen.
Doppelt gerechnet – paralleles Reporting
Die technische Umsetzung in den Risikosystemen übernimmt ein „Fremdfondsschalter“ von Union Investment. Neben den „normalen“ Standardrisikokennzahlen (gemäß Anlage 2 des Leistungsscheins „Risikokennzahlen“) für den Spezialfonds mit dem bekannten Reporting wird ein weiterer Kennzahlensatz auf Basis der Fremdfondsdurchschau errechnet und vorgehalten. Ein spezieller Fremdzielfondsauflösungs-Report (FZFA) stellt die doppelt gerechneten Risikokennzahlen vergleichend gegenüber.
Aufgrund der Anforderung der Bundesbank nach Tz. 279 wird Union Investment die Risikorechnung für nicht durchgeschaute Fonds zur Behebung der Beanstandungen noch im Oktober 2022 modifizieren und die maximalen Werte der risikoartenspezifischen Stresstests nach den Vorgaben der parc-IT einfließen lassen, während für durchgeschaute Fonds über den FZFA-Report die Risikorechnung nach den tatsächlichen Gegebenheiten getrennt nach Risikoart ersichtlich sind.
Für einen Fremdimmobilienfonds, bei dem eine Durchschau nicht möglich oder vom Anleger nicht gewünscht ist, bedeutet das, dass das Immobilienrisiko pauschal mit einem Stresswert und maximalem Hebel berechnet wird.
Risiken bei Fremdfonds berechnen
Die Durchschauabbildung kann aktuell für 32 Fremdimmobilienfonds durchgeführt werden. Union Investment überprüft fortlaufend die Möglichkeiten einer Erweiterung. Die Berechnung des Immobilienrisikos erfolgt in der Regel einen Monat nach Quartalsende in Abhängigkeit von der Zulieferung der Fremd-KVG. Die Objekte der Immobilienfremdfonds gehen mit ihren Verkehrswerten in die Berechnung ein. Für die Berechnung des VaR wird ein Varianz-Kovarianz-Ansatz verwendet. In der Berechnung wird auf die Volatilität und Korrelation aus der Simulation zurückgegriffen.
Es macht dann einen deutlich spürbaren Unterschied, ob das Risikobudget mit 37,5 Prozent, dem neuen konservativen Standardwert für Fremdimmobilienspezialfonds oder im Schnitt acht Prozent für den durchgeschauten Fremdimmobilienfonds belastet wird (ohne Berücksichtigung des idiosynkratischen Risikos). Aktuell befinden sich 109 Fremdimmobilienfonds auf der Proxyliste. An der Fremdfondsdurchschau interessierte Anleger werden gebeten, sich für die weiteren Schritte an ihren Kundenbetreuer zu wenden.
Ausblick
Ein langlaufendes Projekt wie das Immobilienrisikoreporting mit Fremdfonds wächst mit seinen Aufgaben. Nach der Implementierung des vergleichenden Fremdzielfondsreportings für die Spezialfonds geht es an die Erweiterung des Kennzahlenuniversums in Richtung der Standardreports und eines Portfolio-individuellen Immobilienbeimischungsreports unter Berücksichtigung der Kennzahlen der Immobilienfremdfondsdurchschau. Ziel ist es, für unsere Bankenanleger nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums mit vergleichenden Kennzahlen im Parallelbetrieb einen einzigen Reportingsatz auf Basis der Fremdfondsdurchschau zu erstellen und damit diesen zum Standard zu machen.
Stand aller Informationen, Erläuterungen und Darstellungen:
10. Oktober 2022, soweit nicht anders angegeben.