Nachhaltige Infrastruktur

Brückenbauer für Nachhaltigkeit

Staaten fahren ESG-orientierte Infrastrukturprogramme hoch

  • Öffentliche Investitionsprogramme als konjunkturelle Stabilisatoren in der Krise
  • Aktuelle Infrastrukturmaßnahmen setzen neue Schwerpunkte und fördern die Transformation der Wirtschaft
  • Nachhaltige Infrastrukturprojekte bieten Investitionsmöglichkeiten in ausgewählten Kapitalmarktbereichen

Investitionen als wichtige Stütze in Krisenzeiten

Keynes lebt! Er war nie tot, aber zumindest in Europa war für einige Jahre eher Sparsamkeit angesagt als die Theorie des bekannten Ökonomen. Das hat sich in der aktuellen Krise deutlich geändert. Dafür gibt es gute Gründe: Denn für Keynes hat die gesamtwirtschaftliche Nachfrage in bestimmten Situationen einen entscheidenden Einfluss auf Produktion und Beschäftigung in einer Volkswirtschaft und somit auch auf deren kürzerfristiges Wachstumspotenzial. Expansive Fiskalpolitik kann in einer Krise mit Unterauslastung von Produktionskapazitäten helfen, die Wirtschaft eines Landes wieder zu stabilisieren. Und so expansiv wie derzeit war die staatliche Nachfrage in den meisten Ländern schon lange nicht mehr.

Die Corona-Krise ist ein simultaner Angebots- und Nachfrageschock. Die durch die Lockdown-Maßnahmen teilweise ausgestoppte private Nachfrage können die Staaten nicht direkt kompensieren. Sie setzen bei anderen Nachfragekomponenten an – nicht zuletzt bei den staatlichen Investitionen.

Das ist über die aktuelle Krise hinaus eine bemerkenswerte Nachricht: Denn die öffentlichen Investitionsausgaben sind seit vielen Jahrzehnten rückläufig. Abbildung 1 zeigt dies beispielhaft für die USA.

Öffentliche Investitionsausgaben in den USA

Vergleichbare Trends finden sich auch in vielen anderen Industrienationen und Regionen wie Japan und Europa. Doch warum investieren Staaten eigentlich nicht mehr?

Die Gründe für die Investitionszurückhaltung in den vergangenen 50 Jahren sind vielfältig und von Land zu Land unterschiedlich. Einige ausgewählte Erklärungsversuche:

  • Gerade in den USA hat in der Vergangenheit die Bereitschaft des Staates, weitreichende Investitionsmaßnahmen durchzuführen, abgenommen. Staatliche Ausgaben und industriepolitische Förderprogramme wurden nicht als Investitionen in die Zukunft angesehen, sondern lediglich als neue Schulden. Von einem Großteil der Bevölkerung wurde dies eher kritisch gesehen – zumal man sie gegebenenfalls mit Steuererhöhungen hätte finanzieren müssen.
  • In vielen Ländern Europas stand zudem in den vergangenen Jahren die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte im Fokus, so dass Investitionsprogramme zugunsten von Sparanstrengungen zurückgestellt wurden – Stichwort Austerität.
  • Staatliche Investitionsprojekte sind häufig langwierig und teuer. Der langfristige volkswirtschaftliche Nutzen ist den Bürgern nicht immer einfach zu vermitteln. Politökonomen argumentieren, dass Parteien und Politiker auf einzelne Wahlperioden fixiert und nicht ausreichend langfristig orientiert sind. Gescheiterte oder stark verzögerte Investitionsmaßnahmen in der Vergangenheit verstärken den Effekt öffentlicher Investitionszurückhaltung zusätzlich.
  • Es gibt eine Tendenz, kurzfristig Ausgaben zu begrenzen und den bestehenden (alten) Kapitalstock und vorhandene Infrastruktureinrichtungen möglichst lange zu nutzen. Erneuerungsmaßnahmen werden nur vorgenommen, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt. Der oftmals marode Zustand öffentlicher Infrastruktureinrichtungen in einer Vielzahl von Ländern unterstützt diese Vermutung.

In der jetzigen Situation allerdings treten diese Punkte offenbar in den Hintergrund – die Investitionsbereitschaft von öffentlicher Seite nimmt wieder zu. Im Kampf gegen die durch Corona ausgelöste Rezession und die Folgen des Klimawandels sind massive Konjunktur- und Infrastrukturprogramme weltweiter Konsens geworden. Keynes würde Beifall klatschen, zumal die Fiskalprogramme auch durch eine extrem lockere Geldpolitik flankiert werden und sich die Erfolgsaussichten dadurch zusätzlich verbessern.

Studien deuten Wirksamkeit von Infrastrukturinvestitionen an

Viele wirtschaftswissenschaftliche Studien kommen aktuell zum gleichen Ergebnis: Gerade öffentliche Investitionen in Infrastrukturprojekte können einen volkswirtschaftlichen Nutzen erzielen. So trifft zum Beispiel der US-Thinktank Economic Policy Institute (EPI) die Aussage, dass Infrastrukturinvestments einen wichtigen Beitrag zur makroökonomischen Stabilisierung und Entwicklung in den USA leisten könnten. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Infrastrukturausgaben in Höhe von 100 Milliarden US-Dollar könnten bis zu eine Million neue Vollzeit-Arbeitsplätze schaffen.1 Die auf Infrastrukturanalysen und -beratung spezialisierte Organisation Global Infrastructure Hub (GIH) kommt in einer Analyse aus dem Jahr 2020 zu einem ähnlichen Ergebnis. Staatliche Investitionsausgaben haben, aufgrund wirkender Multiplikatoreffekte, einen positiven Effekt auf die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung wie Abbildung 2 zeigt.2

Öffentliche Investitionen wirken stimulierend

Abbildung 2 macht zudem deutlich: Vor allem staatliche Investitionen („Public Investment“) – hier stellvertretend für Infrastrukturinvestitionen – haben stärkere Effekte auf die volkswirtschaftliche Entwicklung als andere staatliche Ausgaben („Public Spending“) und weisen bereits ab dem zweiten Jahr einen fiskalischen Multiplikatoreffekt mit einem Faktor größer als „1“ auf. Für die aktuelle wirtschaftliche Situation macht die Studie besonders Mut: In einer Rezession können Infrastrukturprogramme die stärksten Multiplikatoreffekte entfalten.

Soweit die Theorie. Doch für Politiker und Investoren bleibt die Frage offen: Wohin genau mit dem Geld? Im weiteren Verlauf des vorliegenden Textes wird erläutert, in welchen Sektoren Investitionen in Infrastruktur am dringlichsten und am aussichtsreichsten erscheinen. Nicht Gegenstand dieser Analyse ist die ebenso spannende Frage: Woher stammt das Geld für die Programme? Sprich: wir lassen die Finanzierungsseite außen vor.

Internationale Abkommen fordern nachhaltige Infrastrukturprogramme

Eine allgemeingültige Definition, was den Infrastrukturausgaben zuzurechnen ist, existiert nicht. Unter anderem umfassen sie aber den Transportsektor (Straßen, Häfen, Flughäfen, etc.), Teile des Versorgungsbereichs (Stromnetze, Wasseraufbereitung und Abfallentsorgung) und auch Projekte zum Schutz der Umwelt.

Eine Vielzahl an Abkommen, politischen Entscheidungen und generell der Kampf gegen den Klimawandel haben speziell Infrastrukturprojekte in den Investitionsfokus gerückt, die in besonderem Maße auf ESG-Ziele einzahlen und schädliche Auswirkungen etwa im sozialen und im Umweltbereich vermeiden Ein kurzer Überblick:

  • Im Jahr 2015 wurden die Ziele der Vereinten Nationen (UN) für nachhaltige Entwicklung – die sogenannten SDGs (Sustainable Development Goals) – durch alle UN-Mitgliedstaaten verabschiedet. Das Rahmenwerk enthält 17 nachhaltige Hauptziele. Die SDGs beinhalten wichtige Punkte und Forderungen für den Auf- und Ausbau nachhaltiger Infrastruktur unter anderem in den Bereichen Gesundheit (SDG 3.8), Bildung (SDG 4.2), Wasser (SDG 6.1), Energie (SDG 7.b) und Transport (SDG 11.2). Die Notwendigkeit zu vermehrten Investitionen in diesen Bereichen wird dadurch auf oberster Staatenebene weltweit anerkannt.
  • Im gleichen Jahr wurde das ebenso bedeutende Pariser Klimaschutzabkommen unterzeichnet. Der klare Schwerpunkt dieses Übereinkommens ist der gemeinsame Kampf der beteiligten Länder gegen den Klimawandel und seine Folgen. Die 195 unterzeichnenden Staaten haben sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 eine Erderwärmung von deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten zu erreichen. Ein wichtiger Faktor dabei ist die drastische Senkung der weltweiten Treibhausgasemissionen. Grundsätzlich muss es dafür in allen Wirtschaftsbereichen zu CO2-Reduktionen kommen, um diese bis zum Jahr 2050 auf netto Null zu senken. Um dies erreichen zu können, sind öffentliche Förderprogramme wie zum Beispiel der European Green Deal dringend notwendig.

Zur Erfüllung all dieser Ziele und zur Unterstützung von Transformationsanstrengungen ganzer Industriezweige sind enorme Investitionssummen notwendig. Eine Studie von McKinsey aus dem Jahr 20163 kommt zu dem Ergebnis, dass weltweit bereits rund 2,5 Billionen US-Dollar jährlich in Infrastruktur investiert werden (unter anderem in die Bereiche Transport, Stromerzeugung, Wasser und Telekommunikation). Doch diese Summe ist laut der Studie nicht ausreichend, um den tatsächlich notwendigen Investitionsbedarf in diesen Bereichen zu sichern und um zukünftiges Wachstum zu gewährleisten. Dafür wären bis zu 3,3 Billionen US-Dollar an Investitionsausgaben notwendig. Berücksichtigt man darüber hinaus die potenziellen Kosten, die durch den Kampf gegen den Klimawandel entstehen, werden die immensen finanziellen Dimensionen deutlich. Abbildung 3 zeigt die laut der Stiftungsplattform „F20“ notwendigen Quoten für Infrastrukturausgaben im Vergleich zum aktuellen Trend.4

Investitionstrends

Auch wenn verschiedene Studien zu unterschiedlichen Zahlen und Investitionsniveaus kommen, eine Aussage verbindet die Analysen: Die Quote an nachhaltigen Infrastrukturinvestitionen im Verhältnis zur weltweiten Wirtschaftsleistung ist – trotz bestehender Daten-Unsicherheiten – zu niedrig, um beispielsweise wichtige SDG-Ziele erfüllen zu können. Abbildung 3 illustriert dies und weist auf drohende Investitionslücken hin, die bei der Umsetzung verschiedener Ziele (Basis-SDGs bzw. das 2 Grad Celsius-Ziel) entstehen würden. Die grau schraffierte Fläche deutet darüber hinaus die schwer zu schätzenden, aber ansteigenden Investitionsquoten an, die zur Zielerreichung der SDGs und einer gleichzeitigen Begrenzung des Temperaturanstiegs auf nur 1,5 Grad Celsius benötigt würden.

Corona-Pandemie deckt weitere Investitionsengpässe auf

Die Corona-Pandemie hat weltweit nicht nur zu großem menschlichen Leid und Wirtschaftseinbrüchen geführt – sie hat auch schon lange bestehende Investitionsrückstände in vielen Bereichen der Volkswirtschaft offengelegt. Covid-19 hat unter anderem die weltweiten Schwächen im Gesundheitssektor aufgezeigt. Fehlende Unterstützung von öffentlicher Seite und zu geringe private Investitionen treten nun deutlich zu Tage. Aber auch der Mehrwert eines schnelleren Netzausbaus und einer breit angelegten Digitalisierungsstrategie ist durch Corona sehr visibel gemacht worden. Nur wenn ein schnelles und stabiles Internet existiert, sind ein effizientes Arbeiten im Home Office, ein sinnvolles Home Schooling für Schüler und die digitale Gesundheitspflege möglich. Zwar wurde der Zugang zu Bildung bereits in den SDGs als wichtiges Gebiet für Investitionen genannt, doch Corona hat gerade in den Industriestaaten das Bewusstsein dafür geschärft. Bildung ist zudem ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes. Aktuell werden rund 4,7 Prozent des europäischen BIPs in die unterschiedlichen Ausbildungskanäle investiert. Doch gerade in der aktuellen Situation bieten sich zusätzliche Investitionen in Bildung und die dafür notwendige Infrastruktur an. Abgesehen davon, dass sie teilweise kurzfristig zu einer Stabilisierung der angeschlagenen Konjunktur beitragen können, führen sie langfristig auch zu einer höheren Wirtschaftsleistung. Abbildung 4 deutet dies anhand der positiven Korrelation zwischen den Ergebnissen der nationalen Pisa-Studien und Pro-Kopf-BIP-Werten an.

Bessere Bildung unterstützt die wirtschaftliche Erholung

Nicht kleckern, sondern klotzen

Die Anstrengungen zur Eindämmung der Corona-Krise und der Kampf gegen den Klimawandel haben weltweit zu einer Vielzahl an Hilfsprogrammen geführt. Entscheidend dabei: Die finanziellen Dimensionen sind historisch einmalig und die Handlungsdynamik ist hoch. Wichtig: Viele der angestoßenen Investitions- und Infrastrukturprogramme stellen die Stärkung des zukünftigen Wachstumspotenzials in den Mittelpunkt und verfolgen weitreichende, nachhaltige Ziele. Ein Überblick deutet das finanzielle Ausmaß wichtiger Unterstützungsleistungen von öffentlicher Seite an:

  • Als eine Maßnahme gegen die konjunkturellen Auswirkungen der Corona-Krise stellt der im Jahr 2020 aufgelegte Wiederaufbaufonds (NextGenerationEU) 750 Milliarden Euro an Unterstützung und Investitionshilfen zur Verfügung. Die Gelder sollen unter anderem in die Bereiche Gesundheitsinfrastruktur und digitale Infrastruktur fließen und grundsätzlich einen grünen Wandel der Wirtschaft unterstützen. Dadurch erhalten zum einen jene Sektoren Hilfe, die in Corona-Zeiten besonders wichtig und relevant sind. Zum anderen werden gleichzeitig auch mehrere Ziele der SDGs gefördert.
  • In Europa ist mit dem Green Deal ein rund 1.000 Milliarden Euro schweres Investitionsprogramm geplant, das vielfältige nachhaltige Projekte unterstützen und zur Erreichung der Pariser Klimaziele beitragen soll. Allein die Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energiequellen beläuft sich auf gut 240 Milliarden Euro.
  • In den USA bedeutet die Wahl des neuen Präsidenten eine Kehrtwende in der Klimapolitik. Die USA sind nicht nur wieder in das Pariser Klimaabkommen eingetreten, die neue Regierung plant auch massive Ausgaben im Bereich nachhaltige Infrastruktur. So beinhaltet der 2,25 Billionen US-Dollar umfassende „American Jobs Plan“ (AJP) auch wichtige grüne, fiskalische Impulse und hätte die Chance, einen deutlichen Beitrag auch im Kampf gegen den Klimawandel zu leisten.
  • Auch für China wird – trotz aller Wachstumsambitionen – die Dringlichkeit immer deutlicher, seine CO2-Emissionen langfristig zu senken, um bis zum Jahr 2060 klimaneutral zu sein. Bereits in den vergangenen zehn Jahren war China laut einer Studie von Bank of America weltweiter Spitzenreiter im Bereich „Energy Transition“ mit Investitionen in Höhe von 1,2 Billionen US-Dollar. Die bisherigen Investitionsanstrengungen, in Kombination mit den neuen Wirtschafts- und Klimazielen, legen nahe, dass China auch weiterhin plant, massiv in nachhaltige Infrastruktur zu investieren. Nach Schätzungen von Goldman Sachs könnten sich diese Investitionen insgesamt auf bis zu 16 Billionen US-Dollar belaufen.

Die ausgewählten Hilfsprogramme und Fiskalpakete machen klar, dass der weltweite Kampf gegen den Klimawandel und die Investitionen in eine nachhaltige Infrastruktur deutlich Fahrt aufgenommen haben. Für Investoren stellt sich die Frage: Wie kann ich daran partizipieren?

Infrastruktur als Anlageklasse immer breiter und besser zugänglich

Neben der Anlage in Fondsprodukten wurden in der Vergangenheit Investitionen in Infrastruktur oft in Form von geschlossenen Beteiligungen oder durch direkte Investments in einzelne Projekte getätigt. Die erwähnten Ausgabenprogramme und die immensen Investitionsnotwendigkeiten rücken nun allerdings nachhaltige Investmentmöglichkeiten auch in klassischen Assetklassen wieder stärker in den Kapitalmarktfokus.

Durch die Corona-Pandemie mitausgelöst, ist es am Anleihe-Markt zu einem deutlichen Anstieg der Emissionen von sogenannten „Social Bonds“ gekommen. Auch das zuvor erwähnte NextGenerationEU-Programm wird Social Bonds zur Finanzierung seiner Hilfsprogramme nutzen. Spezielles Ziel dieser Anleihen: Die Förderung von nachhaltigen Projekten zum Beispiel in den Bereichen Trinkwasserversorgung, Gesundheit, Bildung und Transport. Dadurch können ausgewählte SDGs unterstützt und gleichzeitig wichtige Infrastrukturprojekte durch private Investoren mitfinanziert werden. Abbildung 5 skizziert das stark gestiegene Emissionsvolumen, das auf eine zunehmende Nachfrage am Kapitalmarkt stößt. Zusammen mit den auf ökologische Investitionen ausgerichteten „Green Bonds“ stellen sie eine wichtige Finanzierungsquelle spezieller, nachhaltiger Infrastrukturprojekte dar.

Emissionen von Social Bonds steigen in der Krise stark an

Doch auch an den globalen Aktienmärkten bieten sich Chancen, von den langfristig angelegten Infrastrukturprogrammen zu profitieren. Denn grundsätzlich erhöhen diese Förderprogramme die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen. In ausgewählten Branchen kann es dadurch zu einem Anstieg von Umsatz und Gewinnen kommen. Investoren sollten von diesen fundamentalen Verbesserungen auf Unternehmensebene ebenfalls profitieren können. Unter diesen Gesichtspunkten ergeben sich – neben den Bereichen digitale Infrastruktur, Transport und Logistik – in einigen weiteren Sektoren aussichtsreiche Anlagemöglichkeiten:

Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreichen zu können, ist der Ausbau von erneuerbaren Energiequellen mitentscheidend. Nur durch eine Transformation im Versorgerbereich – hin zu einer CO2-armen Stromproduktion – kann es gelingen, die eigenen Sektor-Emissionen zu reduzieren und gleichzeitig andere Wirtschaftsbereiche in ihrem Streben nach einer CO2-effizienteren Produktion zu unterstützen. In den USA sind zu diesem Zweck im American Jobs Plan Steuererleichterung von 400 Milliarden US-Dollar über einen Zeitraum von acht Jahren zur Förderung von „Clean Energy“ vorgesehen. Das Ziel: Unternehmen in ihrer Transformationsphase entlasten und dadurch den Ausbau regenerativer Energiequellen anregen.

Um grünen Strom aber flächendeckend nutzen zu können, sind zusätzliche Stromnetze notwendig, die diesen von der Produktionsquelle zum (oftmals weit entfernten) Ort der Nutzung transportieren. Laut einer Analyse von Bloomberg sind bis zum Jahr 2050 Investitionen von rund 14 Billionen US-Dollar notwendig, um Stromnetze auszubauen, zu modernisieren oder zu ersetzen. Dies bietet sowohl Netzinfrastrukturanbietern Chancen, aber auch klassischen Netzbetreibern, die von einer zukünftig verstärkten Nutzung ihrer Stromnetze profitieren sollten.

Neben der Bereitstellung und Durchleitung von (CO2-armem) Strom bieten auch die Bereiche Müllentsorgung und Wasseraufbereitung interessante Investmentmöglichkeiten im Versorgerbereich. Gerade unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten sind Investitionen in Infrastrukturanlagen zu unterstützen, die helfen das Konzept der Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Die EU geht davon aus, dass sich jährlich rund 600 Milliarden Euro an Kosten durch die Anwendung einer umfänglichen Kreislaufwirtschaft einsparen lassen. Im Müllbereich ist hier unter anderem ein effizienteres Recycling zu nennen, das zu einer verstärkten Wiederverwendung wichtiger Ressourcen führen würde. Dies ist wichtig, denn die UN schätzt, dass sich der Verbrauch an endlichen Ressourcen bis zum Jahr 2050 verdoppeln könnte. Die Folge: ein deutlich erhöhtes Müllaufkommen, das verarbeitet und wiederverwendet werden muss. Investitionen in neue Technologien und Verfahren sollten sich deshalb mittelfristig bezahlt machen, auch weil von regulatorischer Seite der Druck immer stärker wird, schärfere ökologische Standards einzuhalten.

Die Versorgung der Menschen mit sauberem Trinkwasser spielt ebenfalls weltweit eine immer wichtigere Rolle. Doch selbst in vielen Industrienationen wurde in den letzten Dekaden zu wenig in Aufbereitungsanlagen und Rohrleitungen investiert. Es herrschte Investitionsstau. Aktuelle staatliche Konjunkturprogramme wie das AJP in den USA haben jedoch – unterstützt durch die grundsätzlichen Forderungen der SDGs in diesem Bereich – zu einem Umdenken und wieder steigenden Investitionen geführt. Zu groß waren die Rohstoffverluste, zu kostspielig ausgewählte Klagen bei Wasserverunreinigungen und zu stark der allgemeine Bewusstseinswandel, Wasser als wichtigen Rohstoff ernster zu nehmen.

Doch nachhaltige Investitionen in bislang eher vernachlässigte Segmente des Versorgerbereichs rücken nun verstärkt in den Fokus von Anlegern. Mit ihren Produkten und Dienstleistungen helfen sie teilweise marode Infrastrukturen zu sanieren und dadurch ökologische Verbesserungen herbeizuführen. Aus Investorensicht sind aber auch die speziell ausgestalteten Verträge in diesen Geschäftsfeldern interessant, da sie langfristig stabile Zahlungsströme und relativ transparente Gewinnentwicklungen und damit mögliche Ausschüttungen in Aussicht stellen.

Wie bereits erläutert spielt Bildung nicht nur im Zusammenhang mit den SDGs eine bedeutsame Rolle. Bildung ist grundsätzlich eine Voraussetzung, damit sich Länder wirtschaftlich weiterentwickeln und wettbewerbsfähig bleiben können. Zudem wandelt sich bereits seit einigen Jahren die Art und Weise wie Schüler, Studierende, aber auch Arbeitnehmer sich (weiter)bilden.

Grundsätzlich verfestigt sich der Trend zur immer stärkeren Nutzung von digitalen Lernangeboten. Voraussetzung dafür: Stabile und ausreichende Netzkapazitäten im Kommunikationsbereich. Für Unternehmen, die kontinuierlich in den Ausbau ihrer Netze investieren, sollten sich die Ausgaben mittel- bis langfristig auszahlen. Denn: Stabile Netze werden in der Zukunft ein immer wichtigeres Merkmal in der Abgrenzung von Konkurrenten sein und immer mehr Kunden anziehen.

Das Bildungssystem selbst befindet sich – wie zuvor angedeutet – ebenfalls im Wandel. Vielversprechend erscheinen in diesem Zusammenhang unternehmerische Konzepte, bei denen durch umfassende Onlineangebote Schul- und Universitätsausbildung einer breiten Masse an Menschen – auch außerhalb der großen und teuren Metropolen – ermöglicht werden.

Nicht erst seit Corona sind Senioren- und Pflegeheime sowie Gesundheitseinrichtungen im weitesten Sinne immer stärker ins Bewusstsein der Gesellschaft und auch von Investoren gerückt. Die demographische Entwicklung führt grundsätzlich dazu, dass die Bevölkerung in den Industrienationen immer älter wird. Verbunden mit der Tendenz, dass ältere Personen immer seltener in der eigenen Familie gepflegt werden (können), wird die Notwendigkeit nach Unterbringung und Pflege im Alter immer wichtiger. Finanzielle Unterstützung von öffentlicher Seite und unternehmerische Investitionen in diesen speziellen Bereich des Gesundheitswesens sind deshalb dringend notwendig. Kirchliche und kommunale Träger waren bislang mehrheitlich die Betreiber solcher Einrichtungen. Doch viele dieser Träger befinden sich in einer angespannten finanziellen Lage. Deshalb ist es notwendig, dass sich auch private Unternehmen in diesem Segment positionieren und eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe übernehmen. Dies kann sich für die Unternehmen selbst, aber auch für Investoren auszahlen. Zum einen ist die Nachfrage nach Plätzen in diesen Einrichtungen hoch und wächst. Zum anderen erhalten die Betreiber verlässliche Mietzahlungen, die – je nach Land – auch noch staatlich unterstützt werden. Es zeigt sich einmal mehr, dass Investitionen in langfristig ausgelegte Infrastrukturprojekte ein interessantes und stabiles Zahlungsprofil aufweisen können.

Fazit

Investitionen in nachhaltige Infrastruktur zahlen sich aus – und dies gleich mehrfach: Kurzfristig können sie laut verschiedenen Studien der aktuellen Wirtschaftsschwäche entgegenwirken. Mittel- bis langfristig stellen sie geeignete Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel und zur Erreichung der „Sustainable Development Goals“ der Vereinten Nationen dar. Durch derartige Infrastrukturmaßnahmen kann zudem ein wichtiger Grundstein zur Stärkung des langfristigen Wirtschaftspotenzials gelegt werden.

Die weltweiten staatlichen Fiskalprogramme – auch die für den Kampf gegen Corona und seine Auswirkungen – nehmen weiter zu und orientieren sich inhaltlich immer häufiger an nachhaltigen Grundsätzen und Abkommen. Anders als in der Vergangenheit verfolgen somit viele Länder dieser Welt mit ihren aktuellen Konjunkturprogramen gleichgerichtete Ziele. Zudem besitzen die gebündelten Infrastrukturausgaben ein enorm hohes Finanzvolumen. Kurzum: Die Chancen auf einen Erfolg der einzelnen Vorhaben verbessern sich.

Auch am Kapitalmarkt existieren zunehmend Möglichkeiten von nachhaltiger Infrastruktur zu profitieren. Neben Investments in entsprechende Projekte (direkt oder über Green und Social Bonds) bieten sich liquide Anlagen in ausgewählten Branchen und Unternehmen an, die besonders vom beginnenden Investitions-Boom profitieren. Unter anderem besteht für spezielle Unternehmen aus dem Gesundheitssektor, dem breiten Versorgerbereich, der Telekommunikation und dem Bildungswesen die Chance, Profiteure der zunehmenden Infrastrukturinvestitionen zu sein.

  1. 1 Economic Policy Institute: The potential macroeconomic benefits from increasing infrastructure investment (2017).
  2. 2 Dabei gibt der Fiskal-Multiplikator an, um welchen Faktor das BIP ansteigt, wenn ein Inputfaktor (in diesem Fall: öffentliche Investitionen) um eine Einheit erhöht wird.
  3. 3 McKinsey Global Institute: Bridging Global Infrastructure Gaps (2016).
  4. 4 Bhattacharya, A., Gallagher, K.P., Muñoz Cabré, M., Jeong, M., & Ma, X. (2019) Aligning G20 Infrastructure Investment with Climate Goals and the 2030 Agenda, Foundations 20 Platform, a report to the G20.

Autoren:

Jonas Weisbach, Florian Sommer, Andreas Mark, Vinay Sharma, Mathias Christmann

Stand: 16. April 2021

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