„Die Grüne Bundesanleihe ist einzigartig“

Erstmals begibt Deutschland eine Grüne Bundesanleihe – ein wichtiges Signal für den Green-Bond-Markt. Geplant ist ein regelmäßiges jährliches Emissionsvolumen.

Wir haben bei Dr. Alexander Schubert, Senior Portfoliomanager Renten im Team Developed Markets bei Union Investment, nachgefragt, wie Grüne Bunds funktionieren und welche Vorteile sie Investoren bringen.

 

Herr Schubert, Deutschland nimmt im September erstmals Geld über so genannte grüne Bundesanleihen – Grüne Bunds – auf. Wie bewerten Sie dies?

Wir begrüßen das Engagement des Bundes sehr, grüne Anleihen zu begeben. Die Finanzierung von umweltfreundlicheren Technologien und Energieeffizienzmaßnahmen gehört zu den wichtigsten Projekten am Kapitalmarkt. Grüne Staatsanleihen gibt es schon länger, der Green-Bond-Markt wächst global sehr stark. Deutschland zählte hier bislang zu den Nachzüglern. Es ist darum richtig, dass diese Lücke nun geschlossen wird, und wir haben dies auch in Gesprächen mit dem Schuldenmanager des Bundes, der Finanzagentur, klar zum Ausdruck gebracht.

 

Ein ‚Green Bund‘ ist etwas anders strukturiert als ‚klassische‘ Green Bonds. Worin liegt der Unterschied?

Der liegt darin, dass die grüne Bundesanleihe der grüne Zwilling der Bundesanleihe ist. Das heißt, sie weist die gleichen Merkmale auf wie eine konventionelle Bundesanleihe. Das Konzept der Zwillingsanleihen ist aus Kapitalmarktsicht sehr interessant. Dieses hohe Maß an Vergleichbarkeit ist bislang einzigartig am Kapitalmarkt, denn grüne Anleihen werden sonst als unabhängige Staatsanleihen platziert und treten damit in Konkurrenz zu bestehenden konventionellen Staatsanleihen. Das Vorgehen ist beim Grünen Bund anders: Es wird zuerst eine traditionelle, nichtgrüne Staatsanleihe aufgelegt und bereits zu dieser Emission angekündigt, dass dazu später eine ausstattungsgleiche grüne Bundesanleihe an den Markt gebracht wird. Es wird spannend, zu sehen, wie die Preisfindung für dieses neue Papier geschieht.

 

Wo liegt der Vorteil aus Investorensicht?

Ein Anleger, der grüne Bundesanleihen kauft, unterstützt damit den Transformationsprozess der deutschen Wirtschaft hin zu mehr Klimaschutz. Auch hat er Vorteile in der Portfoliokonstruktion. Denn er kann mit Grünen Bunds vom Triple-A-Rating Deutschlands und der hohen Sicherheit und Liquidität von Bundesanleihen profitieren und dabei gleichzeitig einen Nachhaltigkeitsfaktor in sein Portfolio bringen. Der Emittent und damit auch das Kreditrating sowie die Laufzeit sind ja identisch. Konkret bedeutet dies, dass sich die Zwillinge lediglich im Kurs unterscheiden. Folglich ist sofort erkennbar, welche Prämie beziehungsweise Abschlag der Kapitalmarkt dem grünen Zwilling beimisst. Eine positive grüne Prämie dürfte sich damit direkt aus der positiven Kursdifferenz der grünen zur konventionellen Anleihe ablesen lassen.

 

Die Grünen Bunds werden mit einem Kupon von null Prozent begeben – ungewöhnlich aus Ihrer Sicht?

Nein, das ist konstruktionsbedingt. Der erste „Grüne Bund“ soll laut Planung der Finanzagentur eine Laufzeit von zehn Jahren haben. Aufgrund des Konzepts der „Zwillingsanleihe“ orientiert sich diese erste grüne Bundesanleihe an der konventionellen Bundesanleihe mit Fälligkeit am 15. August 2030 (ISIN: DE0001102507). Und diese konventionelle Bundesanleihe hat genau einen Kupon von null Prozent. Daher überrascht es nicht, dass die neue grüne Bundesanleihe auch einen solchen Kupon von „null“ aufweist. Aufgrund des allgemeinen Zinsumfeldes sind solche niedrigen Kupons aktuell nichts Ungewöhnliches.

Alexander Schubert Senior Portfoliomanager Renten im Team Developed Markets

Dr. Alexander Schubert, Senior Portfoliomanager Renten im Team Developed Markets

Der Bund will für 2020 acht bis zwölf Milliarden Euro pro Jahr über „Grüne Bunds“ einsammeln: Ist das ausreichend, um grüne Projekte in Deutschland zu finanzieren?

Geplant ist vorerst ein Emissionsvolumen von bis zu elf Milliarden Euro für 2020. Das ist nicht besonders viel, die Nachfrage dürfte sicher viel größer sein. Das geringe Volumen ist aber vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Bund beziehungsweise die Finanzagentur zunächst Erfahrungen mit dem neuen Instrument sammeln möchten. Wichtig für den Bund wird dabei sein, dass sich die Kapitalmarktkurve für Bundesanleihen nicht fragmentiert. Denn Bundesanleihen gelten als das sicherste und liquideste Instrument auf dem Euro-Rentenmarkt. Zur Vermeidung der Ausbildung von unterschiedlichen Funding-Kurven bietet der Bund eine Umtauschoption der grünen Anleihen in konventionelle Anleihen an. Wegen dieser Umtauschoption dürfte der Grüne Bund im Kurs nicht deutlich unter der konventionellen Bundesanleihe handeln, da sonst Arbitrage durch Nutzung der Umtauschoption einsetzt. Genau um die Beobachtung dieser möglichen Wechselwirkungen am Kapitalmarkt dürfte es der Finanzagentur in erster Linie mit dem eher verhaltenen Volumen für das Jahr 2020 gehen.

 

Besteht aufgrund des Zwillings-Charakters der Grünen Bunds nicht das Risiko, dass das darüber aufgenommene Geld gar nicht in grüne Projekte fließt?

Der Bundeshaushalt unterliegt dem Non-Affektationsprinzip, also dem Gesamtdeckungsprinzip. Dies bedeutet, dass die aufgenommenen Mittel – ob sie nun als grün oder konventionell deklariert sind – zur Deckung der Ausgaben des Gesamthaushalts genutzt werden. Damit darf es im deutschen Bundeshaushalt aufgrund der rechtlichen Vorgaben gar keine Differenzierung der Nutzung der Mittel geben. Der Bund betont aber, dass dem 2020 geplanten Emissionsvolumen von bis zu 11 Mrd. Euro bereits getätigte Ausgaben aus sieben Ministerien von 12,7 Mrd. Euro aus dem Bundeshaushalt 2019 gegenüberstehen. Dabei handle es sich um die Bereiche Verkehr, Umwelt, Internationale Zusammenarbeit, Forschung, Energie und Industrie sowie Forstwirtschaft, Naturlandschaft und Biologische Vielfalt. Allerdings gibt es anders als beispielsweise bei Grünen Anleihen von Unternehmen keine explizite Zweckbindung in der Mittelverwendung.

 

Die Gelder fließen also in den großen Haushaltstopf. Der Anleger in Grünen Bunds weiß also nicht, wohin sein Geld investiert wird – wozu also der Aufwand mit grünen Anleihen?

Wie viel in grüne Projekte investiert wird, entscheidet letztlich der Gesetzgeber. Dieser gibt den Rahmen vor. Grüne Bundesanleihen haben aber eine Signalwirkung. Das lässt sich mit inflationsgebundenen Bundesanleihen vergleichen. Mit ihnen möchte der Bund den Kapitalmarktteilnehmern glaubhaft versichern, dass er keine Inflationierung von Staatsschulden betreibt. Das gleiche gilt für Grüne Bunds: Sie dienen dem Ziel, die Glaubwürdigkeit des Bundes etwa in der Bekämpfung des Klimawandels, in der Umsetzung der Energiewende, in der Förderung und Beibehaltung einer hohen Biodiversität und ähnlichen Themen zu untermauern. Diese Signalwirkung dürfte dem bereits stark gewachsenen Segment der nachhaltigen Kapitalmarktfinanzierung weiter eine große Unterstützung bieten und weitere Emittenten überzeugen, sich damit intensiv zu beschäftigen.

 

Herr Schubert, vielen Dank für das Gespräch.