Die zweite EU-Aktionärsrechterichtlinie – und was sie Neues für institutionelle Anleger bringt

Die Umsetzung der am 17. Mai 2017 in Kraft getretenen aktu­alisierten Richtlinie über die Rechte und Pflichten der Aktionäre (2. ARRL) ging verspätet im Winter 2019 in die nationale Umset­zung (ARUG II). Die Richtlinie bringt wichtige Neuerungen für das deutsche Aktienrecht, ausgewählte institutionelle Anleger, Inter­mediäre und Vermögensverwalter mit sich.

Damit aktualisiert sie die aktuelle Aktionärsrechterichtlinie (1. ARRL) aus dem Jahr 2009. Im Jahr 2012 bemängelte die Europäische Kommission, dass Aktionärsrechte zu wenig genutzt würden und insbesondere die Aufsichtsrechte und das Engage­ment von Vermögensverwaltern und Investoren oft unzureichend seien. Stattdessen würde sich vor allem auf die kurzfristigen Erträge konzentriert werden.

Verfolgten Ziele des ARUG II

  • Mitwirkung
  • Transparenz
  • Kommunikation
  • Langfristige Investitionen

Die Reform der Aktionärsrechterichtlinie zielt vor allem auf eine Verbesserung der Mitwirkung der Aktionäre bei börsennotierten Unternehmen ab, indem Institutionelle Anleger verpflichtet werden, unter anderem eine so genannte „Engagement“-Politik zu formulieren.

Die grenzüberschrei­tende Information und Ausübung von Aktionärsrechten soll dazu gefördert werden. Hier­für soll sie die Kommunikation zwischen Emittent und Aktionären erleichtern, das Engagement von Aktionären stärken sowie An­reize für langfristigere Investitionen von bestimmten institutionellen Investoren (u.a. Lebensversicherer, Pensionsfonds und Pensionskassen) und Asset Managern (Portfoliomanager im Sinne der MiFID, Kapitalverwal­tungsgesellschaften) schaffen. Daneben enthält sie Regelungen zu Entscheidungsbefugnissen der Hauptversammlung im Hinblick auf die Vergütung des Vorstands und die Geschäfte der Gesell­schaft mit nahestehenden Unternehmen und Personen.

Die Regelungen umfassen die folgenden Anforderungen:

  1. Verbesserung der Transparenz bei institutionellen Anlegern, Vermögensverwaltern und Stimmrechtsberatern

  2. Mitspracherechte der Aktionäre bei der Vergütung von Aufsichtsrat und Vorstand („say on pay“)
  3. Identifikation und Information von Aktionären durch börsennotierte Unternehmen („know your shareholder“)
  4. Regelungen zur Zustimmung und Bekanntmachung bei Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen („related party transactions“)

Das Gros dieser Anforderungen macht das, was bisher freiwillig war, nun verbindlich. Wir greifen die Themen nacheinander auf und beschreiben dann, was auf Sie als institutionellen Anleger zukommt und inwiefern Union Investment Sie hierbei unterstützen kann.

Offenlegungspflichten nach dem ARUG II

Verbesserung der Transparenz bei institutionellen Anlegern, Vermögensverwaltern und Stimmrechtsberatern

Öffentlichkeit und Anleger sollen künftig besser verstehen können, welche Anlagestrategien institutionelle Anleger, Vermögensverwal­ter und Stimmrechtsberater verfolgen. Hierfür werden diese ver­pflichtet, jährlich über ihre Mitwirkungspolitik zu berichten und diese offenzulegen. Dazu gehört zum Beispiel, wie ihr Engage­ment in der Anlagestrategie integriert ist, wie der Dialog mit Unternehmen geführt wird, wie Stimmrechte und Aktionärsrechte ausgeübt werden oder wie die Anlagestrategie umgesetzt wird.

Die Berichtspflicht des § 134b AktG umfasst im Einzelnen:

  • Beschreibung der Mitwirkungspolitik oder aber Begründung, warum keine Erklärung erfolgt (comply-or-explain)
  • Ausübung von Aktionärsrechten im Rahmen der Anlagestrategie
  • Meinungsaustausch mit den Gesellschaftsorganen und den Interessenträgern der Gesellschaft
  • Ausübung von Aktionärsrechten
  • Zusammenarbeit mit anderen Aktionären
  • Umgang mit Interessenkonflikten
  • einen jährlichen Bericht zur Umsetzung der Mitwirkungspolitik mit Erläuterungen allgemeiner Art zum Abstimmungsverhalten, zu den wichtigen Abstimmungen und zum Einsatz von Stimmrechtsberatern
  • Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens

Die Publikation Mitwirkungspolitik und der Berichte muss jährlich aktualisiert werden und für mindestens drei Jahre auf der Internetseite des Anlegers erfolgen.

Die Inhalte des jährlichen Berichts nach § 134c AktG beinhalten Angaben:

  • zu den wesentlichen mittel- bis langfristigen Risiken des Portfolios,
  • zur Zusammensetzung des Portfolios, den Portfolioumsätzen und den Portfolioumsatzkosten,
  • zur Berücksichtigung der mittel- bis langfristigen Entwicklung der Gesellschaft bei der Anlageentscheidung,
  • zum Einsatz von Stimmrechtsberatern,
  • zur Handhabung der Wertpapierleihe sowie dem Umgang mit Interessenkonflikten im Rahmen der Mitwirkung in den Gesellschaften.

Mitspracherechte der Aktionäre bei der Vergütung von Aufsichtsrat und Vorstand („say on pay“)

Mit der Richtlinie sollen zudem die Rechte der Aktionäre gestärkt werden, wenn es um die Vergütung des Vorstands geht. Hierfür soll künftig die Hauptversammlung ein Votum abgeben, das als Rahmenregelung für das Vergütungssystem fungiert. Dabei hat dieses Votum allerdings lediglich beratenden Charakter. Zudem sind der Hauptversammlung in einem Vergütungsbericht, über den jährlich in der Hauptversammlung abzustimmen ist, vergangene Zahlungen offenzulegen. Darüber hinaus kann die Hauptver­sammlung auch eine Maximalvergütung der Vorstände beschlie­ßen. Dieser Beschluss begründet jedoch weder Rechte noch Pflichten.

Identifikation und Information von Aktionären durch börsennotierte Unternehmen („know your shareholder“)

Aktiengesellschaften erhalten künftig einen Anspruch auf Informationen über die Identität ihrer Aktionäre gegenüber Intermediären, zum Beispiel Depotbanken. Gleichzeitig sind die Interme- diären verpflichtet, relevante Informationen zwischen Gesellschaft und Aktionären weiterzuleiten und zu übermitteln. Damit sollen die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären verbessert werden.

Regelungen zur Zustimmung und Bekanntmachung bei Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen („related party transactions“)

Zukünftig unterliegen „wesentliche Geschäfte“ zwischen Gesell­schaft und nahestehenden Unternehmen oder Personen einem Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats und sind spätestens zum Zeitpunkt ihres Abschlusses unverzüglich öffentlich bekannt zu machen.

Unser Service: Zeitnah. Individuell. Umfassend

Wir verfolgen eine Engagement-Strategie, die auf aktivem Han­deln der Aktionäre und dem Aktionärsdialog aufbaut, um Einfluss auf die Unternehmenspolitik zu nehmen. Unser Ziel ist es, dabei eine langfristige und nachhaltige Wertsteigerung der uns anver­trauten Vermögenswerte zu erreichen.

Im Mittelpunkt unserer Rolle als aktiver Aktionär steht der kon­struktive Unternehmensdialog. Wir begleiten Unternehmen lang­fristig und geben durch Unternehmensbesuche, Wortbeiträge und Abstimmungsverhalten auf Hauptversammlungen wichtige Impulse. Neben rein wirtschaftlichen Aspekten werden über das aktive Aktionärstum insbesondere ökologische und soziale Themen sowie solche guter Unternehmensführung (Governance) angesprochen. Zu unterschiedlichen Themen arbeiten wir im Rahmen eines Collaborative Engagement mit anderen Aktionären zusammen.

Dank hervorragender technischer Anbindungen bieten wir unsere Engagement-Services auch für Anlagen an, die bei dritten Ver­mögensverwaltern administriert werden (Master-KVGen). Union Investment verfügt über ein umfassendes Reporting zum aktiven Aktionärstum (Engagement), das alle vom Gesetzgeber zur aktiven Mitwirkung geforderten Angaben enthält. Unseren UnionEngagement-Kunden stellen wir ein vierteljährliches Repor­ting zur Verfügung, das alle relevanten mandatsbezogenen Informationen enthält. Zusätzlich publizieren wir in unserem Engagement-Magazin neben einem Jahresüberblick zu unseren Abstimmungen auch über ausgewählte Beispiele unserer Engage­ment-Aktivitäten.

Die geforderten Berichtspflichten des ARUG II erfüllen wir mit einer Vielzahl an Dokumenten wie zum Beispiel den Leitlinien für unser Abstimmungsverhalten (Proxy Voting Policy) sowie denen für unsere aktive Mitwirkung und den Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten (Engagement Policy). Mit unserem interaktiven Voting Dashboard können Sie unsere Abstimmungen kurz nach der Hauptversammlung jederzeit einsehen. Für unsere individuellen Mandate wie auch für die institutionellen Publikumsfonds liefern wir ein umfassendes Reporting, das den hohen Anforderungen des ARUG II entspricht.

In Kürze werden wir weitere Reports zur Verfügung stellen können wie zum Beispiel einen allgemeinen Bericht zur Umsetzung der Mitwirkungspolitik und einem zusammenfassenden Dokument für betroffene institutionelle Anleger. Die Jahresberichte unserer institutionellen Publikumsfonds werden wir ebenfalls entsprechend anpassen.